Wirtschaftliche Aspekte + Kosten psychische Störungen im Betrieb
In den folgenden Tabellen sind die durch psychische Störungen bedingten Kosten allgemein, d.h. ohne die spezifisch hierfür zugrunde liegende Belastungsfaktoren zu betrachten, aufgeschlüsselt.Die Verluste für die Volkswirtschaft, aufgrund von Arbeitsunfähigkeit, Invalidität oder vorzeitiger Rente, werden allein in Deutschland auf rund 763.000 verlorene Erwerbsjahre geschätzt; das entspricht einem Anstieg von mehr als 23% in den letzten 6 Jahren. Wenn die Krankheitskosten für psychische Störungen weiterhin so rasant ansteigen, könnten die Kosten laut Berechnungen des Statistischen Bundesamtes bis 2030 um 20% auf rund 32 Milliarden Euro anwachsen (Edelmann 2020).
Entscheidend ist hierbei, dass die innerbetriebliche Kommunikation über dieses Thema mit dazu beiträgt, dass psychische Erkrankungen ihren Tabustatus verlieren und Betroffene nicht stigmatisiert und ausgegrenzt werden.
Krankheitskosten durch psychische Belastungen bei der Arbeit
Tabelle: Krankheitskosten durch psychische Störungen (psyGa-Faktenblatt) Sochert, R., Giesert, M. (2014) und BAuA
Die Tabellen greifen die vernachlässigten psychischen Belastungen und deren Assoziationen zu Krankheiten und Krankheitskosten mit auf. Die hohen Krankheitskosten sind unter anderem dadurch bedingt, dass sich die Auswirkungen psychischer Belastungen nicht auf psychische Störungen begrenzen, sondern auch andere Krankheitsgruppen mit beeinflussen, z.B. Rückenleiden (Kamp 2011). Die Herangehensweisen an das Thema sind sehr vielfältig und beinhalten: flexible Arbeitszeitmodelle, „gesunde“ Aufstiegschancen, Stress-Audits, verbesserte Erkennung von Risikofaktoren für eine schlechte psychische Gesundheit durch die (direkten) Vorgesetzten etc. (Elsholz 2010).
Studien belegen durchaus, dass verhaltensbezogene Maßnahmen wirksam sind, allerdings wird damit nicht allen Stressquellen effektiv begegnet. Organisationsbedingte Stressursachen, wie Managementstil, Betriebsklima oder die Unternehmenskultur werden damit ausgeblendet. Stress-Management-Interventionen, die sich ausschließlich auf den Einzelnen konzentrieren − ohne eine Identifizierung sowie Reduzierung der Stress verursachenden Quellen − werden langfristig gesehen von begrenzter Wirkung sein. Individuelle Stressinterventionen mindern zwar die Symptome, wirken sich aber meist nicht auf die Ursachen aus.
Tabelle: Arbeitsbedingte Krankheitskosten infolge psychischer Belastungen (psyGa-Faktenblatt) Sochert, R., Giesert, M. (2014)
Nach einer Untersuchung aus Großbritannien liegen die Kosten für ein stressassoziiertes Mehrkomponenten-Programm am Arbeitsplatz bei geschätzten £ 80 (ca. 96 €) pro Mitarbeiter und Jahr. Die jährliche Rendite läge bei 9 zu 1. Auch bei der Hauptdiagnose von psychischen Krankheiten der Depression, so die Untersuchung, ließen sich mit geringen Mitteln (z.B. Screening, Fragebogen zur Aufdeckung von gefährdeten oder betroffenen Beschäftigten etc.) erhebliche Kosten einsparen. Die Kosten für die Interventionen seien deutlich geringer als der Gewinn durch die Reduktion von Präsentismus und Fehlzeiten. Damit sich gesundheitsförderliche Maßnahmen nicht in Einzelaktionen verlieren, sollten sie in einem Rahmenkonzept (z.B. BGM) eingebunden sein. Denn mit einer ganzheitlichen, betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention lassen sich Kosten reduzieren und die Gesundheit der Beschäftigten verbessern. So ergaben sich bei den Fehlzeiten und den damit verbundenen Kosten eine Reduktion von 12 bis 36%. Der „Return on Investment liegt für die Fehlzeitenkosten zwischen 1 : 4,9 bis zu 1 : 10,1 und in Bezug auf die Einsparung bei den Krankheitskosten zwischen 1 : 2,3 bis zu 1,5 : 9.6
Vor allem steigert eine hohe Qualität der Arbeitsorganisation und der Personalführung die Motivation und Leistungsfähigkeit der Belegschaft. Insbesondere schafft eine Unternehmensführung, die die Eigenverantwortung der Beschäftigten fördert, die Basis für Innovationen und damit für ein nachhaltiges Wachstum.
Ein professionelles Stressmanagement ist ein unverzichtbarer Bestandteil der betrieblichen Personalpolitik und sorgt für eine hohe Qualität und Effizienz der Prozesse und Abläufe. Dazu zählt vor allem:
- Stressreduzierende Maßnahmen der Arbeitsorganisation und Personalführung
- Aufbau einer mitarbeiterorientierten Unternehmenskultur
- Unterstützung der Führung
- Unterstützung der betroffenen Beschäftigten
- Stressmanagement am Arbeitsplatz (Czechowski 2018)
Infoblatt: Gründe für Psychische Belastung bei der Arbeit (psyGa)