Psyche & Gesundheit am Arbeitsplatz
Die Psyche (Geist/Seele) und der Körper sind aus meiner Sicht der Gesundheit auch am Arbeitsplatz nicht voneinander zu trennen. Beides kann sich in z.T. komplexen Wirkungskreisläufen positiv aber auch negativ beeinflussen. Es ist bekannt, dass Belastungen am Arbeitsplatz z.B. in Form von "Stress" sich nicht nur auf den Körper, sondern auch auf die Psyche auswirken können. Diese Auswirkungen müssen dabei nicht nur negativ, sondern können auch positiv sein, denn "Stress" ist per se nicht unbedingt negativ[1] (Grashoff 2018).Erst in den letzten Jahren erfährt die psychische Belastung am Arbeitsplatz bei der Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz eine stärkere Bedeutung[2]. Dazu tragen auch die Ergebnisse der Betriebskrankenkassen bei, die etwa seit 2009 eine hohe Zunahme der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz aufzeigen und auf eine Verbindung mit der Zunahme und verlängernden Dauer der Krankheitstage hinweisen[3]. Seit 2013 hat der Gesetzgeber durch die Novellierung des Arbeitsgesetzes die Beurteilung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz aufgenommen, so dass diese Beurteilung eine gesetzliche Pflicht ist (vgl. $ 4, Absatz 1 und § 5 ArbSchG, Ziffer 6). Neue arbeitsmedizinische Erkenntnisse bekräftigen diese gesetzliche Maßnahme, da man z.B. davon ausgehen kann, dass viele körperliche Symptome und Beschwerden, von Tinnitus bis Rückenprobleme auch auf psychische Belastungen zurückgehen können.
Psychische Belastung im Unterrnehmen
Die psychische Belastungssituation im Unternehmen ist i.d.R. nicht von einem einzelnen Faktor abhängig, sondern oftmals das Produkt vieler Faktoren. Nur eine systematische Gefährdungsbeurteilung aller Faktoren trägt dazu bei, optimale Schutzmaßnahmen zu finden, die Situation zu stabilisieren und zu optimieren (Breucker, 2010).
Bei allen Beteiligten im Gesundheitswesen besteht weitestgehend ein einheitlicher Konsens darüber, dass oft nicht die Arbeit macht, sondern das es an den schlechten Arbeitsbedingungen liegt (N.N. 2010, 2012,2013,2015, 2016, 2017, 2018,2019). Dies impliziert den Gedanken, dass gut gestaltete Arbeit mit optimierten Arbeitsplatzbedingungen sich positiv auf die Gesundheit von Körper und Geist auswirken kann.
In den Unternehmen stellt sich der Gedanke ein, das psychische Belastungen am Arbeitsplatz einen ebenso hohen Stellenwert haben wie die klassischen Gefährdungsfaktoren Absturz, Schnittverletzungen, Elektrizität, Lärm, Giftstoffe, Stäube oder Gerüche. Somit stellt sich für den Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer die Frage: Was sind denn "schlechte Arbeitsbedingungen“ und wie können insbesondere die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz erkannt und verbessert werden?"
Psychische Belastungen sind mindestens genauso wichtig wie physische Belastungen
Zuerst einmal ist viel gewonnen, wenn psychische Belastungen am Arbeitsplatz genauso ernst genommen werden wie die physischen Belastungen! Deshalb muss bei einer Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes die psychische Belastung ebenfalls mit untersucht und beurteilt werden. Diese Belastungen können ihre Ursachen zum einen in der individuellen Persönlichkeit und Lebenslage aber auch in der Arbeitsorganisation, Führungsverhalten und Arbeitsplatzgestaltung und Betriebsklima im Unternehmen haben. Eine Gefährdungsbeurteilung, die die psychologischen Belastungen ignoriert, ist unvollständig und dürfte damit auch mittel- bis langfristig betrachtet eine Gefahr der Verantwortung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer mit sich bringen.
[1] Stress als „Beanspruchung“ kann förderlich für die Gesundheit sein; „Stress“ als Belastung ist es nicht!
[2] "Psychische Erkrankungen sind eines der drängendsten Problem in der Arbeitswelt und kosten Unternehmen und Sozialversicherungen jährlich Milliarden Euro ..." (Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (2012))
[3] vgl. u. A. BKK Gesundheitsreport 2019, 2020